Urteil des Bundesgerichts 2C_113/2025 vom 13. November 2025

Sorgefältige Aufbewahrung von Waffen bei Personen, die im gleichen Haushalt leben

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 17. Januar 2025

Urteil 2C_113/2025 vom 13. November 2025

Sachverhalt

Das Gesuch des Beschwerdeführers, seine Feuerwaffen zusammen mit denjenigen seines Sohnes aufbewahren zu dürfen, wurde von der Kantonspolizei Solothurn abgewiesen, obwohl er und sein Sohn im gleichen Haushalt leben und im Besitz mehrerer Waffen gleicher Kategorie sind: Der Sohn des Beschwerdeführers sei ein unberechtigter Dritter gemäss Art. 26 Abs. 1 Waffengesetz (WG), da er nicht der rechtmässige, d.h. im Waffenregister eingetragene, Besitzer der Waffen seines Vaters sei. Dass der Sohn des Beschwerdeführers dessen Familiengenosse sei und die gleichen Waffen erwerben dürfe wie sein Vater, ändere daran nichts.

Art. 26 Abs. 1 WG lautet wie folgt:

Der Beschwerdeführer beantragte vor Bundesgericht, ihm die gemeinsame Aufbewahrung der Waffen mit seinem Sohn zu gestatten: Der Gesetzgeber habe die Frage, ob innerhalb einer Familie, in der mehrere Personen über einen Waffenerwerbsschein (WES) verfügen, separate Waffenschränke angeschafft werden müssen, explizit verneint. Als unberechtigter Dritter im Sinn von Art. 26 Abs. 1 WG könne daher nur gelten, wer aus Hinderungsgründen (Art. 8 Abs. 2 WG) keinen WES erhalten dürfe. Da er und sein Sohn über die gleichen Rechte zum Erwerb und Besitz von Waffen verfügten (bzw. Waffen gleicher Kategorie besitzen würden), könne der Sohn in Bezug auf die Waffen des Vaters (genauso wie der Vater in Bezug auf die Waffen des Sohnes) kein unberechtigter Dritter sein.

Aus den Erwägungen

Das Bundesgericht musste sich in diesem Urteil mit der Frage auseinandersetzen, welche Personen als “unberechtigte Dritte” im Sinne von Art. 26 Abs. 1 WG gelten (E. 5.4). Das Gesetz definiert nicht näher was “unberechtigte Dritte” sind. Der Begriff sei aber im Lichte von Art. 1 WG ausgelegt, weit zu verstehen. Ausgenommen seien einzig im gleichen Haushalt lebende Familienmitglieder, soweit sie Waffen der gleichen Kategorie besitzen.

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, werden die gesetzlichen Ziele, insbesondere der sichere Umgang mit Waffen, laut Bundesgericht, hinreichend gewahrt. Das bedeutet u.a., dass ein Vater, der (rechtmässig) ausnahmebewilligungspflichtige Waffen besitzt, diese auch vor dem Zugriff seines im gleichen Haushalt lebenden (volljährigen) Sohnes schützen muss, wenn der Sohn lediglich WES-pflichtige Waffen besitzt. Die Aufbewahrung der ausnahmebewilligungspflichtigen Waffen des Vaters zusammen mit den Waffen des Sohnes wäre in dieser Konstellation gesetzeswidrig. 

Der Beschwerdeführer und sein Sohn können also - solange beide im gleichen Haushalt leben - ihre WES-pflichtigen Waffen und ausnahmebewilligungspflichtigen Waffen für Sportschützen, einschliesslich ihrer Bestandteile, der Munition und von Munitionsbestandteilen im gleichen Raum oder Behältnis aufbewahren.  

Etwas Hintergrundwissen

Was sind die Voraussetzungen zum Waffenerwerb und Waffenbesitz?

Wer eine Waffe erwerben will, benötigt einen WES. Keinen WES erhalten namentlich Minderjährige und solche (volljährige) Personen, die zur Annahme Anlass geben, dass sie sich selbst oder Dritte mit der Waffe gefährden.

Die in Art. 10 Abs. 1 WG aufgezählten Waffen (u.a. einschüssige und mehrläufige Jagdgewehre sowie gewisse Handrepetiergewehre) können ohne WES erworben werden, unterstehen aber gleichwohl einer Erwerbskontrolle sowie einer Meldepflicht.


Einer kantonalen Ausnahmebewilligung bedürfen der Erwerb, der Besitz und die Übertragung der in Art. 5 Abs. 1 genannten Waffen (u.a. Seriefeuerwaffen, Granatwerfer und gewisse halbautomatische Feuerwaffen). Die Waffengesetzgebung unterscheidet damit zwischen drei verschiedenen Kategorien von Waffen (siehe dazu unten).

Die Berechtigung zum Waffenbesitz knüpft an die Berechtigung zum Waffenerwerb an (BBl 2004, S. 6171, 6270). Der rechtmässige waffenrechtliche Besitz einer Waffe setzt demnach zweierlei voraus, nämlich dass dem Besitzer

  1. das Eigentums- oder ein obligatorisches Recht an der Waffe zukommt sowie dass er

  2. aufgrund eines Waffenerwerbsscheins (Art. 8 WG), eines schriftlichen Vertrags (Art. 11 WG) oder einer kantonalen Ausnahmebewilligung (Art. 5 Abs. 6 WG) zu ihrem Erwerb berechtigt war.

Welche Kategorien von Waffen unterscheidet das Waffengesetz?

Das Waffengesetz unterscheidet drei verschiedenen Kategorien von Waffen:

  • waffenerwerbsscheinpflichtige Waffen,

  • meldepflichtigen Waffen und

  • verbotenen bzw. ausnahmebewilligungspflichtigen Waffen.  

Ein Waffenerwerbsschein (WES) ist maximal neun Monate gültig und berechtigt zum Erwerb von bis zu drei Waffen beim gleichen Veräusserer. Ausnahmebewilligungen für den Erwerb verbotener Waffen können grundsätzlich nur für eine einzige Waffe erteilt werden. Sportschützen und Sammlern kann für den Erwerb von bis zu drei verbotenen Waffen nach Art. 5 Abs. 1 lit. b und c WG (Sportschützen) bzw. für den Erwerb mehrerer verbotener Waffen (Sammler) eine einzige Ausnahmebewilligung ausgestellt werden, sofern diese gleichzeitig und beim gleichen Veräusserer erworben werden.

Sorgfältige Aufbewahrung von Waffen

Waffen, wesentliche Waffenbestandteile, Waffenzubehör, Munition und Munitionsbestandteile sind sorgfältig aufzubewahren sowie vor dem Zugriff unberechtigter Dritter zu schützen. Wer als Privatperson Waffen, Waffenzubehör, Munition etc. nicht sorgfältig aufbewahrt, wird gebüsst. Die Pflicht zur sorgfältigen Aufbewahrung von Waffen soll verhindern, dass Gegenstände mit hohem Gefährdungspotenzial in die falschen Hände geraten. Weil mit Waffen immer wieder schwere Unfälle geschehen, ist eine sorgfältige Aufbewahrung in jedem Fall erforderlich, wobei der konkret anzuwendende Sorgfaltsmassstab von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Gerade wenn eine Person über zahlreiche Waffen verfügt, sind an die Pflicht zur sorgfältigen Aufbewahrung derselben hohe Anforderungen zu stellen. Dass im gleichen Haushalt lebende Personen, die über die gleichen waffenrechtlichen Berechtigungen verfügen, ihre Waffen gemeinsam aufbewahren dürfen, wurde nun höchstrichterlich geklärt. 

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